Die Zeit ist reif. Reif für Weltraumsalat. Der dritte Pflanz-Versuch des Projekts Eden hat zu einer prächtigen Ernte geführt – auch dank des Duells, das sich zwei Studenten mit ihren Hydrokultur-Versuchsaufbauten geliefert haben.
Da liegen sie also, dick und grün und satt. Die Früchte von sechs Wochen Laborarbeit in der Isolierkammer. 24 Salatköpfe hat David Gyimesi großgezogen unter violettem LED-Licht. 3,5 Kilo inklusive Wurzelgeflecht. Nicht schlecht für einen Luft- und Raumfahrttechnik-Studenten, der mit Biologie normalerweise nicht viel am Hut hat und sich erst einmal anlesen musste, unter welchen Bedingungen seine Schützlinge wohl am besten gedeihen würden im simulierten Weltraum-Betrieb: Kein Erdreich, kein Tageslicht, nur sterile Plastikschalen zwischen Luftbefeuchtern, Nährstoffpumpen, Lüftern, LED-Leuchten. Wie all diese Gerätschaften am besten eingestellt werden sollen – so richtig weiß das keiner.
Glück oder Instinkt – Gyemesi hat offenbar besser spekuliert als Alexander Bell, der die Kammer nebenan bewirtschaftet. Sechs Wochen lang haben sich die beiden Studenten am Bremer DLR-Institut für Raumfahrtsysteme ein Duell um die dicksten Dinger geliefert. (siehe Episode 2).
Um den Sieger zu ermitteln, brauchte es weder Maßband noch Waage: „Significantly larger“ sei der Siegersalat gewesen, gesteht Gyimesis Konkurrent aus England. Dabei lag der Heimvorteil eigentlich beim Elektrotechnik-Studenten Bell, der deutlich mehr Zeit im Labor verbringt und mehr mit den Anlagen arbeitet. „Als einer der Befeuchter kaputtgegangen ist, habe ich ihn auseinander geschraubt und repariert“, sagt Bell.
„Elektrotechniker haben immer viel zu tun, Elektronik steckt in allem. Ich dagegen habe normalerweise nicht die Möglichkeit mit Hardware zu arbeiten“, sagt Gyimesi. Fluch seines Fachs: Die Luft- und Raumfahrttechnik biete einem Studenten wenige Chancen, selbst Hand anzulegen, zu groß, komplex und teuer seien die Systeme, mit denen er sich vor allem theoretisch beschäftigt.
Und es ist ein hoch komplexes System, das ein einigen Jahren aus dem Projekt Eden hervorgehen soll. Gewächshaus – das klingt so einfach. Bis man den Wandteppich-großen Projektplan sieht, über den gerade ein Saal voller Experten berät: Ein paar Etagen über dem Kellerlabor findet das Kickoff-Meeting der internationalen Projektgruppe statt, aus ganz Europa haben Firmen und Forschungszentren ihre Vertrter geschickt, die nun diskutieren über CO2-Pumpen, Türdichtungen, Mikroben-Bekämpfung und die Auswahl weltraumtauglicher Pflanzensorten.
Gyiemesis Slatköpfe jedenfalls haben sich schon ziemlich gut geschlagen. Ihre Blätter sind fest und von einer gesunden grünen Farbe. Vor allem sind sie gleichmäßig gewachsen, nur zwei Pflanzen hinkten etwas hinterher. Ein großer Fortschritt im Vergleich zu den ersten drei ersten Bremer Pflanzversuchen.
„Es war ein sehr explorativer Ansatz, um uns ein besseres Grundverständnis zu verschaffen“, sagt Bell über das Salat-Duell. Und der Sieger fügt hinzu: „Es ging vor allem darum, ein verlässliches System zu haben, denn das war bisher unser größtes Problem. Die Pumpen sind ausgefallen, wir hatten Überschwemmungen. All diese Dinge wollten wir diesmal unbedingt vermeiden.“
Dass der Weltraumtechniker die größeren Salate geerntet hat, lag vermutlich daran, wie er die Luftfeuchtigkeit in seiner Kammer eingestellt hat: „Ich habe soe im Verlauf der fünf Wochen drastisch reduziert. Darauf haben die Salate sehr gut reagiert.“ Und noch ein Aspekt könnte zu seinem Sieg geführt haben: die Nährstoffzugabe. Zwar war die Nährstofflösung bei beiden Forschern gleich. Allerdings hatte Gyimesi das Sprühintervall anders eingestellt. Die Wurzeln seiner Salate wurden fast doppelt so häufig mit Nährstoffen besprüht wie die Pflanzen seines Kontrahenten.
Bells Salatköpfe haben eine weitere Woche Schonfrist bekommen, bevor auch sie geerntet wurden. Nun führen die Studenten eine Reihe von Tests an den Salaten durch, unter anderem wird ihnen das Wasser entzogen, um die reine Pflanzenmasse bestimmen zu können. Je nach Erntezeitpunkt könnten die Pflanzen unterschiedlich viel Wasser aufgenommen haben, so die Vermutung.
Gyimesi und Bell sind überzeugt, dass solche Erkenntnisse das Projekt nach vorne bringen können. „Die landwirtschaftlichen Firmen, die nun für uns die verschiedenen Bestandteile entwickeln, haben in der Regel keine Erfahrung mit geschlossenen Umweltsystemen. Umgekehrt fehlt den Firmen aus dem Bereich der Raumfahrt Erfahrung mit größeren Modulen, weil sie in der Regel nur ein sehr kleines Testequipment genutzt haben“, erklärt Gyimesi.
Es liegt ein weiter Weg vor all den Firmen und Instituten, die im Projekt Eden zusammenarbeiten: Allein die Designphase, die mit dem Kickoff-Meeting begonnen hat, wird 12 Monate dauern, rund 15 Monate sind dann für den Bau des Containers veranschlagt, der zwei Arten von Pflanzenkammern beherbergen wird und 2017 auf die Reise zur Polarstation Neumayer III geht – wenn alles klappt. Die Uhr läuft.•