Wann ist ein Test gut?

Wenn das IQWiG einen Krebsgentest bewertet, stehen zwei Fragen im Raum, sagt der stellvertretende Institutsleiter Stefan Lange:

Erstens: Wie sicher kann der Test Kranke und Gesunde unterscheiden, oder wie sicher kann er eine Aussage zu einer Prognose für eine Patientin machen?

Zweitens: Welchen Nutzen hat die Patientin von diesem Test? Weiß der Arzt sicher, welche Therapie bei einem niedrigen oder hohen Risiko die beste ist?

Dies ist der entscheidende Punkt: Kann man wirklich guten Gewissens auf die Chemotherapie verzichten, wenn ein Gentest ein niedriges Rückfallrisiko anzeigt? Das ist bislang vor allem eine Annahme. Um dies sicher sagen zu können, ist in den Augen des IQWiG eine anspruchsvolle Art von Nachweisuntersuchung notwendig, die Interaktionsstudie.

Infografik

Einmal durchgespielt, bedeutet das für einen Genexpressionstest, der Patienten nach hohem und niedrigem Rückfallrisiko einteilt, folgendes Szenario (siehe Grafik – die Zahlenwerte spiegeln keine realen Zahlen aus Studien zu Gentests wider, sondern dienen zur Veranschaulichung.) Krebspatientinnen (P) werden mit dem Genexpressionstest untersucht, erfahren aber nicht, ob dabei ein hohes (M+) oder niedriges Risiko (M–) herauskommt. Es entstehen dadurch zwei Gruppen.

Dann wird per Zufall bestimmt, welcher Teil der Patientinnen eine Chemotherapie (T) bekommt und welcher nicht (C). Es entstehen also vier Gruppen:

  1. Frau mit niedrigem Rückfallrisiko (M–) erhält Chemotherapie (T).
  2. Frau mit niedrigem Rückfallrisiko (M–) erhält keine Chemotherapie (C)
  3. Frau mit hohem Rückfallrisiko (M+) erhält Chemotherapie (T)
  4. Frau mit hohem Rückfallrisiko (M+) erhält keine Chemotherapie (C)

Nach mehreren Jahren wird untersucht: Wie viele Frauen in den vier Gruppen haben immer noch keinen Rückfall oder Metastasen (Erfolgsrate)? Aus den unterschiedlichen Ergebnissen berechnen die Statistiker dann den Effekt (E+ und E–). Ist dieser in den zwei Gruppen hohes Rückfallrisiko (M+) und niedriges Rückfallrisiko (M–) unterschiedlich, dann ist die Rede von einer „Wechselwirkung“ zwischen Testergebnis und Therapieentscheidung.